So geht Trainingssteuerung mit Hilfe der individuellen Belastungsreserve
Effektives Lauftraining erfordert eine gezielte Steuerung der Intensität – das ist der Kern der Laufcampus-Methode, die mit klar definierten Herzfrequenzbereichen arbeitet. Ein entscheidender Begriff dabei ist die „Belastungsreserve“. Dieser Artikel erklärt, was die Belastungsreserve bedeutet, warum sie so wichtig ist und wie Sie sie nutzen können, um Ihr Training effektiver zu gestalten.
Belastungsreserve im Lauftraining: Definition und Bedeutung
Im Lauftraining beschreibt die Belastungsreserve den Bereich zwischen Ihrem Ruhepuls, der niedrigsten Herzfrequenz in völliger Ruhe, und Ihrer maximalen Herzfrequenz (HFmax). Sie ist der Spielraum, in dem sich Ihr Herz-Kreislauf-System beim Training bewegt. Je besser Ihr Fitnesszustand, desto effizienter können Sie diesen Bereich nutzen.
Fixe und dynamische Belastungsreserve: Was sie unterscheidet
Die Belastungsreserve lässt sich in zwei Bereiche unterteilen: die fixe Belastungsreserve und die dynamische Belastungsreserve.
- Fixe Belastungsreserve (61–100 % der HFmax): Dieser Bereich umfasst die festen Trainingsbereiche der Laufcampus-Methode. Er bleibt unabhängig vom Trainingserfolg konstant und bildet die Grundlage für eine gezielte Trainingssteuerung.
- Dynamische Belastungsreserve (Ruhepuls bis HFmax): Dieser Bereich beschreibt das gesamte Potenzial des Herz-Kreislauf-Systems, das durch regelmäßiges Training verbessert werden kann. Während der Ruhepuls durch Ausdauertraining sinkt, bleibt die HFmax in der Regel stabil. Dadurch vergrößert sich die dynamische Belastungsreserve im Laufe der Zeit.
Effektiv trainierende Athleten nutzen die fixe Belastungsreserve vollständig aus, indem sie in allen Intensitätsbereichen trainieren. Läufer, die hingegen stagnieren, bewegen sich oft nur in einem engen Bereich ihrer Belastungsreserve, was langfristig zu weniger Fortschritten führt.
HFmax und Ruhepuls: So bestimmen Sie Ihre Belastungsreserve
Die HFmax bildet die obere Grenze der fixen Belastungsreserve. Sie ist genetisch bedingt und durch Training kaum veränderbar. Ein bewegungsarmer Lebensstil kann jedoch dazu führen, dass Sie Ihre genetisch vorgegebene HFmax nicht erreichen. Erst durch regelmäßiges Training wird Ihr Herzkreislaufsystem in die Lage versetzt, die ererbten Möglichkeiten auszuschöpfen.
Der Ruhepuls, hingegen, ist der trainierbare Faktor, daher dynamisch. Durch Ausdauertraining kann er gesenkt werden – ein Zeichen für ein stärkeres und effizienteres Herz. Besonders fitten Leistungssportlern gelingt es, den Ruhepuls auf etwa 17 % der HFmax zu senken, während bei unsportlichen Menschen mit metabolischem Syndrom dieser Wert bei ungesunden 50 % der HFmax liegen kann.
Die Trainingsbereiche der Laufcampus-Methode
Die Laufcampus-Methode unterteilt das Training in fünf Bereiche, die an der fixen Belastungsreserve und der HFmax orientiert sind:
- SSL (Super Sauerstofflauf, 61–70 % der HFmax): Optimal für die aktive Erholung und Regeneration. Hier trainieren Sie Ihr Herz-Kreislauf-System ohne große Belastung.
- LDL (Langsamer Dauerlauf, 71–75 % der HFmax): Perfekt geeignet, um die Grundlagenausdauer zu verbessern. Dieser Bereich legt die Basis für ein gesundes und effizientes Training.
- MDL (Mittlerer Dauerlauf, 76–80 % der HFmax): Hier wird die aerobe Kapazität gestärkt. Der Fokus liegt auf einem gleichmäßigen und moderaten Tempo.
- ZDL (Zügiger Dauerlauf, 81–85 % der HFmax): In diesem Bereich fördern Sie Ihre Tempohärte und bereiten sich optimal auf Wettkampfbedingungen vor.
- FSP (Fahrtspiel, 86–100 % der HFmax): Dieses variable Intervalltraining verbindet verschiedene Intensitätsstufen und sorgt für Abwechslung sowie eine Steigerung Ihrer anaeroben Kapazität.
Unterhalb des SSL-Bereichs befinden sich die ruhigen Aktivitäten (RA, 51–60 % der HFmax), die alltägliche Bewegungen, wie Spazierengehen oder lockere Radfahrten umfassen, und der Bereich des Ruhepulses (RP, 17–50 % der HFmax), der den niedrigsten möglichen Puls beschreibt.
Diese exakten Pulsbereiche grenzen sich deutlich von anderen Modellen der Intensitätssteuerung ab und können für mehr Trainingserfolg sorgen.
Ein Beispiel: Bernd und seine Belastungsreserve
Um die Theorie greifbarer zu machen, hier ein Beispiel: Bernd hat eine HFmax von 187. Basierend auf der Laufcampus-Methode sehen seine Trainingsbereiche so aus:
- SSL (Super Sauerstofflauf): 114–131 bpm
- LDL (Langsamer Dauerlauf): 133–140 bpm
- MDL (Mittlerer Dauerlauf): 142–150 bpm
- ZDL (Zügiger Dauerlauf): 151–159 bpm
- FSP (Fahrtspiel): 160–187 bpm
- RA (Ruhige Aktivitäten): 95–112 bpm
- RP (Ruhepuls): 32–94 bpm
Diese Werte wurden im Rahmen einer Leistungsdiagnostik, genauer gesagt einem Kardio-Laktat-Test als Laufbandstufentest, ermittelt. Dies zeigt die hohe Genauigkeit individueller Trainingsbereiche.
Belastungsreserve anwenden: Tipps für effektives Lauftraining
Die Belastungsreserve gibt Ihnen nicht nur einen theoretischen Rahmen, sondern hilft Ihnen, Ihr Training gezielt zu steuern. Hier sind einige Tipps:
- Einsteiger: Trainieren Sie im MDL- und ZDL-Bereich. Durch einen höheren Ruhepuls beginnen viele Einsteiger in diesen Bereichen, selbst bei langsamem Tempo. Mit zunehmendem Trainingsfortschritt wird es Ihnen gelingen, auch niedrigpulsiger zu laufen und den LDL- oder sogar SSL-Bereich zu nutzen.
- Ambitionierte Läufer: Nutzen Sie den LDL- und SSL-Bereich für lockere Einheiten und die Regeneration. Intensive Einheiten im ZDL- oder FSP-Bereich können gezielt eingesetzt werden, um Ihre Leistungsfähigkeit weiter zu steigern.
- Regelmäßige Kontrolle: Überprüfen Sie Ihren Ruhepuls, Ihre HFmax und Ihre Leistungsfähigkeit in den genannte Trainingsbereichen regelmäßig. Ein sinkender Ruhepuls ist ein gutes Zeichen für Ihren Trainingsfortschritt, ebenso wie eine höhere Pace bei den grundsätzlich gleichbleibenden Puls-Bereichen. Sollten Sie länger keine Sport oder einseitig trainiert haben, kann sich auch die HFmax erhöhen, was in diesem Fall ein gutes Zeichen wäre.
Polarisiertes Training und die Belastungsreserve
Ein wichtiger Bestandteil der Laufcampus-Methode ist das polarisierte Training. Dabei trainieren Sie bewusst in unterschiedlichen Intensitätsbereichen – oft im SSL und LDL, gelegentlich aber auch hochintensiv im FSP. Diese Mischung ist besonders effektiv, um Ihre Belastungsreserve optimal zu nutzen.
Empfehlung: Ihr Herz zeigt Ihnen den Weg
Die Belastungsreserve ist mehr als ein theoretisches Konzept – sie ist ein effektives Werkzeug, um Ihr Training individuell zu steuern und das Beste aus Ihrem Potenzial herauszuholen. Egal, ob Sie gerade erst mit dem Laufen beginnen oder Ihre Wettkampfleistung steigern wollen: Mit der Laufcampus-Methode und einer klugen Nutzung der Belastungsreserve können Sie Ihr Herz als besten Trainingspartner gewinnen.
Starten Sie heute und entdecken Sie, wie Sie schneller Ihre Laufziele erreichen! Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg, Ihr Andreas Butz