Vorsicht vor der Faustformel „220 minus Lebensalter“
Sie wollen nach Herzfrequenz trainieren? Sehr gut. Aber vertrauen Sie auf keinen Fall der weit verbreitete Faustformel "220 minus Lebensalter", denn die Herzfrequenz, in Ruhe, maximal oder bei Belastung ist etwas ganz individuelles. Sie ist bei jedem Menschen anders und kann nicht Pi mal Daumen ausgerechnet werden.
Keine Faustformeln zur Trainingssteuerung
Die weit verbreitete Faustformeln „220 minus Lebensalter“ zur Bestimmung der »Maximalen Herzfrequenz« (Hfmax), stimmt nach meiner Beobachtung bei jedem fünften Menschen, also bei vier von fünf Läuferinnen und Läufern nicht. Das bedeutet folglich, auf Grundlage dieser rechnerischen Größe seine Herzfrequenz-Trainingsbereiche zu bestimmen, ist in der Regel fehlerhaft. Dies beweist auch eindrucksvolle das nachfolgend beschriebene Beispiel aus meiner Diagnostik-Praxis.
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Gemeinsames Trainieren - Unterschiedliche Herzfrequenz
Die Herzfrequenz der Zwillingsschwestern
In meiner Praxis erschienen zur Leistungsdiagnostik die beiden Zwillingsschwestern Birgit und Ruth aus Solingen, geboren 1967. Ruth und Birgit laufen um abzunehmen und die Fitness zu steigern. Irgendwann auch mal einen Halbmarathon zu laufen, dass können sich die Schwestern vorstellen.
Beide haben eine ähnliche Statur und beide trainieren gerne zusammen. Ruth jedoch hat ständig 20 Herzschläge pro Minute mehr als ihre Zwillingsschwester Birgit, obwohl beide auch eine ähnliche Lauferfahrung haben. Wie konnte das sein, dass die beim Laufen gemessenen Herzfrequenzwerte so unterschiedlich waren, vermitteln doch die in anderen Laufbüchern zitierten Formeln, dass das Lebensalter den entscheidenden Ausschlag für die Trainingsbereiche von Läufern gibt?
Bei einem Laufband-Stufentest wollten Ruth und Birgit dieser Frage auf den Grund gehen. Nacheinander machten beide einen Laufband-Stufentest, wobei wir mit niedriger Geschwindigkeit - sechs Stundenkilometer - begannen und die Geschwindigkeit langsam, alle drei Minuten, in 1.2 Stundenkilometer-Stufen steigerten. Nach jeder Belastungsstufe notierte ich die erreichte Herzfrequenz. Bei 10,8 km/h beendeten wir den Test.
Die Auswertung der Tests ergab, dass Birgit einen Maximalpuls (Hfmax) von ca. 170 erreichte, Ruth jedoch auf über 200 Schläge pro Minute kam. Folglich ist es ganz natürlich, wenn beide auch beim Training unterschiedlich hohe Pulsschläge haben, obwohl Sie im gleichen Tempo laufen, obwohl sie ähnlich fit sind und obwohl Sie gleich alt sind.
Zur Verdeutlichung der Ergebnisse sei folgende einfache Rechnung angeführt: 70 Prozent der Hfmax ist ein guter Trainingsbereich für das ausdauernde und größtenteils Fett verbrennende Lauftraining. Für Ruth sind das 120 s/min (Schläge pro Minute), für Birgit 140 s/min. Wenn beide der oben angeführten Faustformel vertraut hätten, dann hätte für beide ein Hfmax von 182 gegolten und ein Trainingsbereich von 127 s/min mit der Folge, dass sich Birgit im Training ständig unterfordert hätte, ihre Zwillingsschwester Ruth hingegen überfordert.
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Fazit für Trainer und Selbsttrainer
Wer sich beim Training an seiner Herzfrequenz orientieren möchte, kommt um einen Selbsttest (LC1000) oder einen Laufband-Stufentest (Leistungsdiagnostik) nicht herum. Daher investieren Sie den gleichen Betrag, den Sie für Ihre Sportuhr ausgegeben haben nochmal in eine gute Leistungsdiagnostik. Danach steht künftigen Trainingserfolgen nichts mehr im Wege.
Über den Autor
Mein Name ist Andreas Butz (Jahrgang 1965). Ich laufe seit vielen Jahren mit großer Begeisterung, bin deutlich über 100 Marathons gelaufen und in der glücklichen Situation, schon 2001 mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben. Ich schreibe Bücher, veröffentliche Trainingspläne, veranstalte Laufcamps und bilde mit der Laufcampus Akademie Lauftrainer in der Laufcampus-Methode aus.
Sie finden mich auch auf Facebook, hier mache ich regelmäßig offene Trainerstunden an denen Sie live teilnehmen können, zuhören und natürlich Fragen stellen können. Und wenn Sie mal mit mir laufen möchten, dann kommen Sie doch zu unseren Laufcampus Laufcamps auf Mallorca.