Laufen und Trinken im Sommer
So geht Joggen bei Hitze richtig
Ich laufe auch im Juli und August jeweils gut 300 Kilometer. Joggen bei Hitze? Ja klar, so wie im Schnitt jeden Monat. Laufen hat für mich einen sehr großen Stellenwert. Laufen ist für mich Auszeit, Ausgleich, Selbstbestätigung und Genuss am sportlichen Wettkampf. Da kann und werde ich mir die Freude am Laufen doch von so einer kleinen Hitzewelle im Sommer nicht nehmen lassen. Ganz im Gegenteil. Ich mache das Beste draus und gehe aus dieser Hitzephase fitter hervor, als ich hinein gejoggt bin. Laufen bei Hitze - das geht so:
Ratschläge wie „Laufen Sie nicht in der Mittagshitze“, „Trinken Sie reichlich“, „Ziehen Sie sich luftig an“, „Vergessen Sie die Sonnencreme nicht“ wären naheliegend gewesen. Aber langweilig, das wissen Sie doch selbst. Von mir dürfen Sie mehr erwarten, glasklare Empfehlungen, wie Sie die Freude am Sport garantiert pflegen, um gesundheitliche Risiken zu vermeiden.
1. Druck rausnehmen – Mut zur Pause
Bleiben Sie ruhig mal zu Hause. Ich bin der festen Überzeugung, wenn wir Menschen mehr auf unsere Körpersignale achten, dann werden wir seltener krank. Und krank durch Laufen, das wäre doch wirklich blöd. Wenn Ihre Selbstdisziplin und Ihr Trainingsplan ein Training einfordern, Sie sich aber total müde und abgeschlagen fühlen, sich alles in Ihnen dagegen wehrt jetzt die Laufschuhe anzuziehen, dann bleiben Sie doch bitte mal zu Hause. Machen Sie sich eine Saftschorle, setzten Sie sich auf den Balkon in den Schatten und halten Sie die Füße mal ganz ruhig. Freuen Sie sich über Ihre somatische Intelligenz, dass ist die Intelligenz in Ihnen, die sagt was genau jetzt gut für Sie ist. Heute ist es mal eine Pause.
2. Trainingsplan anpassen – Kein Trainingsplan ist so schlau wie das Körpergefühl
Okay, bei Hitze nicht zu joggen, das Training einfach ausfallen lassen, dass ist für viele schon ganz schön heftig. Geht es nicht eine Nummer moderater? Na klar, auch hier gilt, nehmen Sie den Druck raus, reduzieren Sie den Stress. Ein Kunde rief mich diese Woche an, in seinem Trainingsplan ständen 5 x 2000 Meter im Halbmarathontempo, und fragte wie er das denn bei der Hitze umsetzen sollte. Ganz einfach. Mach weniger.
Ein Intervalltraining hat verschiedene Trainingsziele. Drei Ziele davon sind Abwechslung ins Training zu bringen, die Freude an der eigenen Leistungsfähigkeit zu fördern und das Herzkreislaufsystem zu stärken. Das alles bekommt man auch mit weniger hin, statt mit 5 x 2000 Meter auch in 5 x 600 Meter hin. Ganz im Gegenteil der Effekt ist vielleicht noch stärker. Im Kopf verankert sich, dass man (diesmal, siehe oben) nicht gekniffen hat, das Training nicht hat ausfallen lassen, aber so schlau war auf die besonderen Bedingungen geachtet und das Training angepasst zu haben. Die 5 x 2000 Meter hätten zu viel sein können, die 5 x 600 waren aber garantiert ein persönlicher Sieg.
Gleiches gilt natürlich auch für alle anderen Schlüsseleinheiten der Laufcampus-Methode. Statt dem in der Marathonvorbereitung geplanten langen Lauf über drei Stunden kann man bei Hitze auch mal „nur“ zwei Stunden laufen. Trotzdem klasse und ebenfalls ein persönlicher Sieg. Wer sich nicht nur auf sein Körpergefühl verlassen möchte, der sollte sich mit dem Thema Herzratenvariabilität beschäftigen, denn die HRV-Messung zeigt inzwischen recht zuverlässig unsere Bereitschaft fürs Training und unseren Stresslevel an.
Hitze hin oder her, sind Sie gerade auf der Suche nach dem richtigen Trainingsplan fürs Laufen? Dann werden Sie unter dem vorgestellten Link sicher fündig.
3. Clever trainieren – Achten Sie auf die Herzfrequenz
Trainingsintelligenz ist eines meiner Lieblingsthemen. Damit meine ich immer zu wissen warum man wann was gerade trainiert. Es geht darum das Training, seine Reize und Auswirkungen auf die Fitness zu verstehen. Wer über Trainingsintelligenz verfügt, der lässt sein Lauftraining bei Hitze auch mal ausfallen (s.o.), reduziert es (s.o.) oder macht es noch präziser (folgt). Punktgenau zu trainieren ist daher die dritte Form der Abschwächung, des Druckrausnehmens.
Viele von uns haben Pulsuhren, aber die wenigsten der Läufer nehmen diese wirklich ernst. Die meisten interpretieren die Werte großzügig, laufen eher zu hochpulsig. Ich spüre jetzt schon beim Schreiben, wie manche Leser an dieser Stelle innerlich nicken werden (bei Interesse lesen Sie auch den Artikel zum optimalen Puls beim Joggen). Denn viele glauben nicht an ihre Trainingsbereiche, die anderen halten sich einfach nicht daran. Die im Lauftraining gewissenhaften und später im Wettkampf auch erfolgreicheren Läuferinnen und Läufer hingegen, haben ihre Herzfrequenz-Trainingsbereiche bei einem Laufband-Stufentest ermitteln lassen und befolgen diese präzise (lesen Sie auch Tipps zur Leistungsdiagnostik). Und was im allgemeinen Training schon nützlich ist, ist bei Hitze umso wichtiger. Denn hochsommerliche Temperaturen bedeuten für inneren Organe Stress. Sie brauchen mehr Energie, um Gleiches leisten zu können. Folglich muss das Herz mehr schlagen, um die Organe mit Blut – und darüber mit Energie und Sauerstoff – zu versorgen. Hat der Mensch zu wenig getrunken (dazu später mehr), ist das Blut zähflüssiger, was beim Laufen mehr Arbeit für das Herz bedeutet, es muss noch mehr pumpen.
Ihre Pulsuhr (optische Messung am Handgelenk) oder Ihr Herzfrequenzmessgerät (mit Brustgurt und Herzfrequenzsensor) zeigen Ihnen sehr präzise an, wie intensiv Ihr Herz jetzt arbeiten muss. Halten Sie sich unbedingt an Ihre persönlichen Trainingsempfehlungen, auch – was nicht wundern würde – wenn Ihr Tempo beim Laufen bei Hitze in den bekannten Trainingsbereichen nun deutlich langsamer ist gewohnt. Trainieren Sie clever, vergessen Sie Tempoangaben und Pace, halten Sie sich an Ihre Herzfrequenz-Trainingsbereiche und beugen Sie damit einer Überbelastung vor. Wie Ihre optimalen Bereiche für Puls und Pace sind, dass können Sie mit dem Pacerechner sehr schnell herausfinden.
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4. Alternativen ausprobieren – Werden Sie besser durch neue Reize
Seit 14 Jahren leben ich nun in der Euskirchener Südstadt und diese Woche war ich zum ersten Mal im nur 15 Autominuten entfernten Waldschwimmbad an der Steinbachtalsperre. Wie dumm ich in den letzten Jahren doch war. Das Schwimmen war großartig. Die Luft hatte 32 Grad, das Wasser 22 Grad, es war so frisch, so erquickend, so vitalisierend. Kurzum: Ich bin nicht gelaufen, bin stattdessen 30 Minuten locker geschwommen und habe dennoch wertvoll trainiert. Ergänzungstraining verbessert die Athletik und macht mich auch als Läufer besser. Daher schwimmen Sie, holen Sie die Rollschuhe aus dem Keller – die Jüngeren von uns die Inline-Skates ;-) – oder setzen Sie sich aufs Rad. Tourenrad, Mountain-Bike oder Rennrad, ganz egal. Alle drei Trainingsformen setzen Reize beim Ausdauertraining und sorgen für eine frische Brise um die Nase und richtig guter Laune.
Sie laufen gerne bei etwas wärmeren Temperaturen, auch im Frühjahr & Herbst? Dann sind unsere Laufcamps auf Mallorca genau das richtige für Sie.
5. Hohe Ozonwert meiden – Laufen Sie früh morgens oder spät abends
Ozon gilt als stille, unsichtbare Gefahr und als Auslöser mancher Erkrankungen der Atemwege, bis hin zum Krebs. Sollte man also ernst nehmen. Das Gas kann man nicht reichen, es ist trotzdem da, in den Sommermonaten vermehrt, je heißer umso höher ist die Belastung. Laut Luftqualitätsrichtlinie der EU darf der 8-Stunden-Wert an maximal 25 Tagen pro Jahr höher sein als 120 µg/m3 (Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft). Ab 180 µg/m3 wird die Bevölkerung sogar gewarnt.
Verfolgen Sie daher die Ozonwerte über die bekannten Wetterportale. Die Ozonwerte steigen mit den Tagestemperaturen und erreichen ihren Höhepunkt am Nachmittag. Am frühen Morgen sind sie am niedrigsten.
Ich trainiere bei diesen Temperaturen weder am Nachmittag noch am frühen Abend. Ist mir zu anstrengend und potentiell gefährdend für die Gesundheit, die ich mit einer sportlichen Aktivität ja eigentlich fördern möchte. Ich würde nachts laufen, wenn es zeitlich nicht anders ginge, bin aber glücklicherweise ein früher Vogel. Ja, ich laufen auch schon mal um 5 Uhr morgens los, spätestens starte ich im Hochsommer um 7:30 Uhr auf meine Laufrunden. Und diese kühle, frische Luft am Morgen ist gerade im Hochsommer so erquickend, fast so wie das Wasser im Waldschwimmbad. Lassen Sie sich einfach mal drauf ein. Ihre Energie am Tage wird Ihnen für das frühe Aufstehen am Morgen danken. Laufen bei Hitze ist morgens am besten.
6. Richtig trinken – Trinken Sie ausreichend, nicht zu viel und das richtige
Wie oben schon beschrieben, der Körper muss bei Hitze auch ohne Sport Höchstleistung bringen. Die Körperkerntemperatur ist erhöht, der Organismus fordert viel Flüssigkeit, um die Temperatur so niedrig wie möglich zu halten. Beim Sport arbeiten die Muskeln zusätzlich, erzeugen mehr Bewegungsenergie und damit eine weiter erhöhte Temperatur. Die Folge: wir haben umso mehr Durst, je höher die Außentemperatur und damit die Körpertemperatur sind.
Aber selbst Wasser müssen die Verdauungsorgane in geeignete Körperflüssigkeit verstoffwechseln. Dafür brauchen diese Organe Energie. Wer beim Sport zu viel trinkt, stresst den Körper damit zusätzlich, die Nieren vor allem. Und wenn das Wasser auch noch natriumarm ist, kann das zu Kopfschmerzen und Übelkeit führen. Vertrackte Situation.
Achten Sie daher darauf, dass Sie auch im Alltag gut hydriert sind. Trinken Sie regelmäßig, in kleinen Portionen und nicht zu viel. Zu viel spürt man – siehe oben „somatische Intelligenz“ – aber je mehr Trockenfutter Sie essen (Brot, Müsli, Pommes etc.), umso mehr Flüssigkeit benötigen Sie. Essen Sie daher fruchtig, viel Obst, viel Salat, viel Gemüse, möglichst in Rohkostqualität. Wer sich so ernährt lebt nicht nur gesünder, er muss auch weniger trinken. Auch deshalb halte ich nichts von den pauschalen Empfehlungen: Trinke X Liter am Tag, zum Teil sind diese Empfehlungen hanebüchen.
Wer morgens läuft sollte gut hydriert in die Nachtruhe gehen. Dann braucht man vor dem Training nur wenig zu trinken. Wenn es Sie interessiert, wiegen Sie mal Ihr Körpergewicht vor der Nachtruhe und nach der Morgentoilette. Die Differenz ergibt den Verlust an Körperflüssigkeit über Nacht durch Atmung und Schwitzen.
Haben Sie keine Angst vor Flüssigkeitsverlust beim Training. Bis zu 2 Prozent, vom Körpergewicht gemessen – in meinem Fall 1,4 kg, ich wiege 70 kg – gilt der Flüssigkeitsverlust nicht als leistungsminimierend. Darüber kann es zu Einschränkung der Leistungsfähigkeit und damit auch höheren Pulswerten, folglich langsamerem Lauftempo kommen. Es gibt für Läufer zahlreiche Trinksystem, vom Gürtel mit Trinkfläschchen bis zum von mir favorisierten Trinkrucksack mit 1,5 Liter Trinkblase. Man kann aber auch einfach mal eine 0,5 Liter Plastikflasche stilles Mineralwasser in der Hand mit sich führen.
Durst ist natürlich etwas Individuelles und manchmal will man beim Joggen bei Hitze und staubtrockenen Wegen einfach mal die Zunge benässen. Ich empfehle im Sommer bei Läufen über 90 Minuten etwas Flüssigkeit mitzuführen. Im Winter reichte dies auch bei 2-stündigen Läufen oder länger. Um Hyponatriämie beim Joggen zu vermeiden, die gesundheitliche Beeinträchtigung durch natriumarmes Wasser, empfehlen Ernährungswissenschaftler 400 bis 800 Milligramm Natrium pro Liter Wasser. Das erreicht man, in dem man auf einen Liter Trink- oder Mineralwasser etwa 1 bis 2 Gramm Kochsalz hinzugibt.
Ich fasse zusammen: Wenn auch Sie bei Hitze Joggen, dann nehmen Sie Druck aus Ihren Trainingsplänen, laufen Sie frühmorgens oder entdecken Sie sportliche Alternativen und sorgen Sie für einen gut hydrierten Körper. Ach ja, zumindest im Gesicht Lichtschutzfaktor 50 nicht vergessen.
Viel Freude am Laufen wünscht,
Ihr Andreas Butz
(im Foto oben beim Hitze-Marathon von Cork, Irland, 2023 zu sehen)
(Dieser Artikel erschien zunächst unter der Überschrift "Die besten Tipps für Lauftraining bei Hitze" bei manager-magazin.de)
1 Kommentar
Eveline Hahs
Danke für die Tipps(Die besten Tipps für Lauftraining bei Hitze) .Sie haben mir einen Schritt weitergeholfen!
Danke für die Tipps(Die besten Tipps für Lauftraining bei Hitze) .Sie haben mir einen Schritt weitergeholfen!