VO2max, die maximale Sauerstoffaufnahme, ein populärer Wert für die Trainingssteuerung

VO2max – Maximale Sauerstoffaufnahme

Die VO₂max steht für maximale Sauerstoffaufnahme und gilt als wichtiger Kennwert in der Leistungsdiagnostik, um die Fitness von Läuferinnen und Läufern zu bewerten.

Spätestens seit VO2max und Laktatschwelle Einzug auch bei Garmin oder Polar gefunden haben interessieren sich immer mehr Läuferinnen und Läufer für die Wichtigkeit und die Genauigkeit der geschätzten Daten. Darum freuen Sie sich auf einige Hintergrundinformationen zur maximalen Sauerstoffaufnahme, deren Wert für unsere Laufleistung, und einige Empfehlungen, wie wir die kardiorespiratorische Fähigkeit verbessern – und was das nochmal bedeutet.

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I.    Was ist die V02max?

VO₂max – oder VO2max – steht für maximales Sauerstoffvolumen und bezeichnet die maximale Menge an Sauerstoff, die eine Person während intensiver körperlicher Aktivität aufnehmen und verwenden kann. "V" steht für Volumen, "O₂" für Sauerstoff und zusammen mit dem Abschluss "max" für die maximale Sauerstoffaufnahme, kurz VO2max.

Gerade für Ausdauersportler ist die VO2max ein Hinweis auf die aerobe Fitness und wird oft als Indikator für die kardiorespiratorische Leistungsfähigkeit verwendet. Kardiorespiratorisch bezieht sich auf die Sauerstofftransportfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems (kardio) und die Sauerstoffaufnahmefähigkeit des Atmungssystem (respiratorisch), also der Lunge. Je höher die VO2max, desto besser ist die kardiorespiratorische Fitness einer Person und damit die Fähigkeit mit Hilfe von Sauerstoff den Muskeln mehr Energie zur Verfügung stellen zu können. Und genau darum geht es primär beim Lauftraining, um die Optimierung des Energiestoffwechsel.

Unterschieden wird die absolute und die relative VO2max.

Absolute VO2max – Bruttokriterium

Die Angabe der maximalen Sauerstoffaufnahme erfolgt in Millilitern Sauerstoff pro Minute (ml/min) und stellt die absolute obere Grenze für die Ausdauerleistung dar. Die Trainingswissenschaft spricht hier vom Bruttokriterium.

Relative VO2max – Normierung auf das Gewicht

Weil schwere Sportler oft höhere Werte als leichtere Athleten haben, wird statt der absoluten V02max (ml/km) in der Bewertung der Leistungsfähigkeit meist die relative VO2max (ml/min/kg) hergenommen, bei der das Gewicht der Athleten in die Berechnung einbezogen wird. Damit werden Sportler innerhalb ihrer jeweiligen Sportart besser vergleichbar. Zum besseren Verständnis kann man sich die Oberschenkel von Sprintspezialisten bei der Tour de France vorstellen im Vergleich zur schmächtigen Statur von Marathonläufern bei Olympischen Spielen. Vergleichbar sind Sportler nur in ihrer jeweiligen Disziplin. 

VO2max Normwerte

  • Untrainierte Menschen haben in der Regel eine absolute VO2max von 3 bis 3,5 l/min, wohingegen trainierte Ausdauersportler 5 bis 6 l/min erreichen können.
  • In relativen VO2 max Werten ausgedrückt, erzielen Breitensportler mit 40 Millilitern pro Minute und Kilogramm (ml/min/kg) gute Werte, ab 50 gelten die Werte als sehr gut. 
  • In diesen groben Richtwerten nicht berücksichtigt sind Alter und Geschlecht. Frauen haben in der Regel eine etwa 5 bis 10 Prozent geringere VO2max als Männer. Und ab dem 30. Lebensjahr nimmt die VO2max im Schnitt um 1 % ab.
  • Die VO2max sollte immer sportartspezifisch gemessen werden. Weil beim Laufen mehr Muskeln benötigt werden, sind die Werte bei einem Laufbandstufentest im Mittel 10 % höher als bei einem Radergometertest.
  • Spitzenläufer erreichen relative Werte von 80 bis 85 ml/min/kg.

II.  Faktoren für eine hohe VO2max

Eine hohe VO2max, also die maximale Sauerstoffaufnahme während körperlicher Arbeit, wird von mehreren Faktoren beeinflusst beziehungsweise limitiert. 

a)   Dichte an Kapillarisierung

Kapillaren sind kleine Blutgefäße, die Sauerstoff und Nährstoffe zu den Muskeln transportieren. Eine hohe Kapillarisierung im Muskelgewebe kann die Durchblutung und somit die Sauerstoffversorgung der Muskeln verbessern, was sich positiv auf die VO2max auswirken kann.

b)  Anzahl an Mitochondrien

Mitochondrien sind die sogenannten "Kraftwerke" der Zellen und spielen eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel. Eine hohe Anzahl an Mitochondrien in den Muskeln kann die aerobe Energieproduktion verbessern und zur Steigerung der VO2max beitragen.

c)   Herzminutenvolumen

Das Herzminutenvolumen ist die Menge an Blut, die das Herz pro Minute pumpen kann. Ein hohes Herzminutenvolumen ermöglicht eine effizientere Versorgung der Muskeln mit Sauerstoff und Nährstoffen, was die VO2max positiv beeinflussen kann.

d)  Hämoglobingehalt

Hämoglobin ist ein Protein im Blut, das für den Transport von Sauerstoff von der Lunge zu den Muskeln verantwortlich ist. Ein hoher Hämoglobingehalt im Blut kann die Sauerstoffkapazität erhöhen und die VO2max steigern.

e)  Funktionsfähigkeit der Lungen

Eine gesunde Lungenfunktion ist wichtig für den Sauerstoffaustausch in den Lungenbläschen und den Transport von Sauerstoff ins Blut. Eine gute Lungenfunktion kann die VO2max unterstützen. 

Die Frage liegt nun nahe, was zu tun ist, um diese Faktoren a) bis e) im Sinne der Leistungssteigerung positiv zu beeinflussen. Gibt es dieses eine „VO2max-Training“ wirklich, welches manche Sportler und Trainer zu kennen vorgeben?

III. Training zur Verbesserung der VO2max

Es ist wichtig zu verstehen, dass es – wie oben beschrieben – mehrere Faktoren gibt, die im Zusammenspiel auf die VO2max wirken. Daher kann es auch nicht ein VO2max-Training geben, sondern viele Trainings und Verhaltensweisen, die gemeinsam auf die maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit VO2max wirken. Lassen Sie uns diese Trainings und Maßnahmen einmal gemeinsam betrachten.

a)   Verbesserung der Kapillarisierung

Regelmäßiges Ausdauertraining, für uns Laufsportler in erster Linie natürlich Laufen, aber durchaus auch zusätzliches Radfahren im Sommer oder Skilanglaufen im Winter, kann die Kapillarisierung im Muskelgewebe verbessern. Durch die erhöhte Durchblutung wird die Sauerstoffversorgung der Muskeln verbessert, was sich positiv auf die VO2max auswirken kann.

b)  Stärkung und Mehrung der Mitochondrien

Langsame niedrigpulsige Einheiten mit langer Dauer, die sogenannten langen Läufe (LALA), können die Anzahl und Funktion von Mitochondrien in den Muskeln verbessern. Solche Trainingsformen, wie z.B. langsame Dauerläufe oder regelmäßiges Alternativraining im aeroben Bereich (auch Training auf dem Ruderergometer kommt in Frage), können dazu beitragen, die Mitochondrien-Biogenese zu stimulieren und die mitochondriale Dichte zu erhöhen.

c)   Vergrößerung des Herzminutenvolumen

Intensives Tempowechseltraining, wie z.B. Intervalltraining oder Fahrtenspiele, kann das Herz-Kreislauf-System herausfordern, den Herzmuskel trainieren und die Arterien weiten und so das Herzminutenvolumen erhöhen, was sich positiv auf die VO2max auswirken kann. 

d)  Erhöhung des Hämoglobingehaltes

Eine vitalstoffreiche (pflanzenbasiert) und schadstoffarme Ernährung (Bio), die ausreichend Eisen, Vitamin B12 und Folsäure enthält, kann die Bildung von Hämoglobin im Blut unterstützen und somit den Hämoglobingehalt erhöhen.

e)  Erhalt der Funktionsfähigkeit der Lunge

Ein gesunder Lebensstil, der das Rauchen vermeidet und die Lungenfunktion unterstützt, kann sich positiv auf die VO2max auswirken. Regelmäßiges Training, wie z. B. Ausdauertraining oder HIT, kann dazu beitragen, die Lungenkapazität zu erhalten oder zu verbessern.

IV. Bestimmung der VO2max bei einer Leistungsdiagnostik

Die Bestimmung der VO2max bei einer Spiroergometrie erfolgt durch stufenweises Steigern des Lauftempos auf einem Laufband, während gleichzeitig die Atemgase gemessen werden.

Steigerung der Belastung

Die Belastung, z. B. das Lauftempo auf einem Laufband, wird stufenweise erhöht, um eine maximale körperliche Auslastung zu erreichen. Die Belastungssteigerung erfolgt oft in vordefinierten Intervallen oder nach einem festgelegten Protokoll, um eine standardisierte Vorgehensweise zu gewährleisten.

Messung von Atemgasen

Während der Belastung werden die Atemgase gemessen, typischerweise mittels einer Atemmaske (Spiroergometrie) oder eines Mundstücks, die mit einem Gasmessgerät verbunden sind. Die Messung mit Mundstück gilt als ungenauer, weil es keinen luftdichten Abschluss gibt und es daher zu Messfehlern kommen kann. Die Messung mit Atemmaske hat den Nachteil, dass die Atmung erschwert wird und Athleten oft nicht die maximale Ausbelastung erreichen. Ist die Ermittlung der maximalen Herzfrequenz (Hfmax) aber ein Ziel der Diagnostik, so kann eine Spiroergometrie als hinderlich empfunden werden. Die Messung umfasst normalerweise den Sauerstoffgehalt (O2) und den Kohlendioxidgehalt (CO2) der eingeatmeten und ausgeatmeten Luft. 

Volumenmessung der ausgeatmeten Luft

Das Volumen der ausgeatmeten Luft wird oft mittels Spirometrie gemessen, um das Atemvolumen zu bestimmen. Dies kann entweder direkt während der Belastung oder indirekt durch Integration von Atemvolumen und Zeit gemessen werden. Die indirekte Messung gilt als weniger genau, weil sie auf Schätzungen basiert.

Berechnung der VO2max

Anhand der gemessenen Werte für die Atemgase und das Atemvolumen wird die VO2max berechnet. Hierbei werden verschiedene Formeln und Algorithmen verwendet, um den Sauerstoffverbrauch während der Belastung zu bestimmen. Zur Normierung wird das Körpergewicht als zusätzlicher Parameter berücksichtigt und so die relative VO2max berechnet.

V.  VO2max durch Sportuhren bestimmen

Viele Sportuhren und Fitness-Tracker verwenden Algorithmen, um die VO2max anhand von persönlichen Daten wie Alter, Geschlecht, Gewicht, Herzfrequenz und Aktivitätsdaten wie Geschwindigkeit oder zurückgelegte Strecke zu schätzen. Die Genauigkeit dieser Schätzungen kann jedoch je nach Modell, Algorithmus und den zur Verfügung stehenden Daten variieren.

In einigen Fällen können die Schätzungen der VO2max durch Sportuhren wie Polar oder Garmin nützliche Anhaltspunkte bieten, zumindest als grobe Schätzungen. Allerdings können diese Schätzungen von der tatsächlichen VO2max deutlich abweichen und sind in der Regel nicht so genau wie die Messung durch spezialisierte Testverfahren, wie oben beschrieben. Mit der Messung der Sauerstoffdifferenz im arteriellen und venösen Blut, bzw. zwischen Einatmung und Ausatmung haben die Messungen der Sportuhren jedenfalls nichts zu tun.

Die Genauigkeit der VO2max-Schätzungen durch Sportuhren-Software hängt von weiteren Faktoren ab, einschließlich der Qualität der verwendeten Sensoren, der Genauigkeit der eingegebenen persönlichen Daten, der Aktivitätsdaten und des verwendeten Algorithmus. Läuferinnen und Läufer, die den VO2max Werten ihrer Sportuhren vertrauen möchten, sollten von einer Pulsmessung am Handgelenk absehen und stattdessen die Herzfrequenz mittels Herzfrequenzsensor mit Brustband messen oder die optische Pulsmessung mit Oberarmsensor bevorzugen.

Es bleibt aber festzuhalten, dass diese Schätzungen von Garmin & Co. nur eine grobe Einschätzung der VO2max darstellen und nicht als Ersatz für eine Spiroergometrie betrachtet werden sollten, insbesondere wenn die Daten als Grundlage für eine professionelle Trainingssteuerung genommen werden sollen. Siehe dazu auch VO2max Garmin und VO2max Polar (Fitnesstest). Für diesen Artikel habe ich meine Polar Vantage V2 

VI. Abschließende Empfehlung

Bei aller Faszination für Werte und Größen gilt zu bedenken, dass die VO2max nur ein Kennwert der Leistungsdiagnostik ist. Alle oben unter „III. Training zur Verbesserung der VO2max“ genannten Trainingsvarianten und Verhaltensformen wirken insgesamt und unmittelbar auf die Formverbesserung und damit auch auf alle anderen bekannten Kennwerte der Leistungsdiagnostik, wie zum Bespiel die Laktatbildungsrate oder den Belastungspuls beim Joggen.

Laktatwerte oder Atemgaswerte spielen für die Bestimmung der Trainingsbereiche keine Rolle. Alle Schwellenmodelle gelten inzwischen als überholt. Allein die individuelle maximale Herzfrequenz (Hfmax) bietet einen sicheren Referenzwert für die Ermittlung der Herzfrequenz-/Puls-Trainingsbereiche.

Ein deutlich günstigerer Laufbandstufentest mit Laktatmessung oder ein LC1000 als Selbsttest können daher ebenfalls als Leistungsdiagnostik in Betracht gezogen werden. In beiden Fällen kommen keine Atemmasken zum Einsatz, was den Abruf der Maximalleistung erleichtert. Mit dem Ergebnis aus dem LC1000 können Sie den Pace Rechner bedienen und die für Sie korrekten Puls- und Trainingsbereiche ermitteln.

Und schließlich ist nicht die Diagnostik entscheidend für den Trainingserfolg, sondern das Wissen über die Wirksamkeit der Maßnahmen und die Bereitschaft das Wissen auch umzusetzen. 

Zusammenfassend gilt die Empfehlung für Läuferinnen und Läufer, die ihre VO2max verbessern wollen, dass sie

  • viel Ausdauertraining machen sollten, mindestens dreimal wöchentlich, mehr hilft mehr,

  • sich dabei überwiegend niedrigpulsig belasten sollten, idealerweise in den abwechselnd in den Bereichen SSL, LDL und MDL,

  • zusätzlich einmal wöchentlich ein knackiges Tempotraining machen sollten,

  • und sich im Alltag pflanzenbasiert vitalstoffreich ernähren sollten (siehe dazu die Angebote unserer Vitality Kochschule).

Wir nennen diese Trainings die Umsetzung der Basistipps der Laufcampus-Methode. Erfolg kann so einfach sein. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen weiterhin viel Freude und Erfolg beim Laufen.

Andreas Butz

2 Kommentare

Ronja

Ronja

Hallo Bruno,
vielen Dank für deine Frage. Eine bestmögliche Beratung hierzu können wir dir am einfachsten über unsere 1x im Monat stattfindende “offene Trainerstunde mit Andreas Butz” anbieten (wenn du Mitglied in unserem Club Team Laufcampus bist, kannst du hier gratis teilnehmen) oder in einem persönlichen Beratungsgespräch. Über diesen Link kannst du ein solches buchen: https://laufcampus.com/products/coaching-beratung-laufen

Viele Grüße,
Ronja vom Laufcampus-Team

Hallo Bruno,
vielen Dank für deine Frage. Eine bestmögliche Beratung hierzu können wir dir am einfachsten über unsere 1x im Monat stattfindende “offene Trainerstunde mit Andreas Butz” anbieten (wenn du Mitglied in unserem Club Team Laufcampus bist, kannst du hier gratis teilnehmen) oder in einem persönlichen Beratungsgespräch. Über diesen Link kannst du ein solches buchen: https://laufcampus.com/products/coaching-beratung-laufen

Viele Grüße,
Ronja vom Laufcampus-Team

Bruno Gehrig

Bruno Gehrig

Ich bin 71 Jahre alt und habe aktuell folgende Cardio-Werte:
Ruhepuls 48
Maximalpuls 176
VO2max 41.
Wie können diese Werte interpretiert werden?

Ich bin 71 Jahre alt und habe aktuell folgende Cardio-Werte:
Ruhepuls 48
Maximalpuls 176
VO2max 41.
Wie können diese Werte interpretiert werden?

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