Keine Marathon-Party ohne heftigen Rausch danach

Keine Marathon-Party ohne heftigen Rausch danach

Nach dem Marathon ist dein Körper ähnlich ramponiert wie ein Partykeller nach einer langen Nacht. Erfahre, warum Regeneration so wichtig ist – und wie du dich erholt auf die nächste „Feier“ vorbereitest.

Warum dein Körper danach wie ein Partykeller aussieht

Die nachfolgende Analogie habe ich erstmals in einer Folge des MARATHON PODCAST vorgestellt. Sie beschreibt auf bildhafte Weise, wie sich dein Körper nach einem Marathon anfühlt und warum Regeneration so wichtig ist.

In diesem Blogartikel möchte ich die Geschichte ausführlich aufgreifen und für Leserinnen und Leser noch einmal erzählen. Denn sie macht klar: Nach 42,2 Kilometern gleicht dein Körper einem Partykeller nach einer rauschenden Nacht – und es braucht Zeit und Aufmerksamkeit, bis er wieder bereit ist für die nächste Feier.



Die Analogie vom Marathon als Party

Ich liebe Partys. Aber ganz spezielle Partys. Ein guter Marathon ist eine Party. Tausende Gäste stehen am Streckenrand, feuern uns an und schenken uns eine großartige Stimmung. Es ist laut, es ist schrill. Die Party beginnt langsam mit dem Countdown, dem Startschuss und dem Eröffnungssong – der Hymne für unser Rennen – und sie endet oft erst viele Stunden nach dem Höhepunkt: dem Überqueren der Ziellinie und dem Empfang der Medaille.

Erschöpft, aber glücklich, taumeln wir noch eine ganze Weile weiter. Zu schön, um gleich nach Hause zu gehen. Ich bin über 200 Marathons gelaufen, und ich kann von diesen Partys einfach nicht genug bekommen. Doch nicht nur Städte wie Berlin, Köln, Frankfurt oder New York sehen nach so einem Spektakel aus wie ein geschundener Partykeller nach einer langen Nacht – auch unser Körper trägt Spuren. Während die Stadtreinigung hinter uns her fegt und nach dem Besenwagen oft schon die Müllabfuhr kommt, übernimmt in unserem Körper die innere „Putzkolonne“: die Selbstheilungskräfte. Diese beginnen unmittelbar nach dem Zielstrich ihre Arbeit – und sind nicht nur für Stunden beschäftigt, sondern wochenlang.

Der Körper nach dem Marathon

Was muss also im Partykeller Körper aufgeräumt werden? Und wann kann die nächste Party steigen? Genau in dieser Phase lauert die Gefahr von Übermut – die Versuchung, viel zu früh wieder Vollgas zu geben. Wer den Partykeller nicht erst ordentlich aufräumt, riskiert, dass die nächste Feier gründlich schiefgeht.

Vielleicht ist das Bild vom Partykeller ein Phänomen meiner Generation – oder könnt ihr Jüngeren damit auch etwas anfangen? Am Ende läuft es aufs Gleiche hinaus: Ein Partykeller sieht nach einem großen Fest genauso aus wie eine Disco oder ein Club nach einer rauschenden Nacht. Der Boden ist klebrig, überall liegt Müll, vielleicht ist sogar Inventar kaputt. Ein Hocker ist zerdeppert, die Theke hat Schrammen, Sicherungen sind durchgebrannt, das Licht flackert. Und unser Gefühl? „Was für eine geile Party! Ich will unbedingt mehr davon. Aber ich bin so müde …“ Genau das ist auch unser Körper nach dem Marathon.

Die Baustellen im Partykeller Körper

Der Boden – Muskeln und Faszien: 42,2 Kilometer ohne kleine Verletzungen? Unmöglich. Mikrotraumata nennt das die Medizin. Kleine Muskelfaserrisse machen sich als Muskelkater bemerkbar. Gleichzeitig ist der Muskeltonus erhöht. Was hilft? Leichte Bewegung, die die Durchblutung fördert und Abfallstoffe abtransportiert. Unser Blut ist die wichtigste Reinigungs- und Regenerationskolonne. Spaziergänge, Yoga, Radfahren oder auch langsames Joggen (SSL – Super-Sauerstofflauf) sind ideal.

Die Statik – Sehnen, Bänder und Gelenke: Sie tragen uns normalerweise aufrecht und geschmeidig wie ein Leopard. Doch nach einem Marathon sind sie gereizt, überdehnt und die Gelenke schlechter geschmiert. Flüssigkeit fehlt, die Scharniere quietschen. Auch hier gilt: Ruhe, Zeit, viel Trinken und sanfte Bewegung.

Die Elektrik – unser Nervensystem: Nach einer langen Feier liegen die Nerven blank. Wir sind müde, gleichzeitig aufgedreht und manchmal auch gereizt. Der Sympathikus hält uns in Funktion, der Parasympathikus – eigentlich zuständig für Erholung – wird an den Rand gedrängt. Wir schlafen schlecht, die Atmung ist erhöht, der Sympathikus dominiert ein paar Tage, bis das Licht im Keller wieder stabil brennt und der Parasympathikus es schließlich gemütlich dimmen kann.

Das Baumaterial – Ernährung: Nach so einer Partynacht brauchen wir Farbe, Lampen, neue Kabel. Übertragen auf den Körper heißt das: Energie, Glykogen, Proteine. Nur mit hochwertiger Vollwertkost klappt die Instandsetzung. Unser Tapetenwechsel heißt Stoffwechsel – und der baut aus Nahrung frische Zellen. Je besser die Ernährung, desto schneller die Erneuerung.

Das offene Fenster – Immunsystem: Nach dem Marathon ist das „Open Window“ offen, wir sind anfällig. Ungebetene Partygäste wie Viren haben leichtes Spiel. Deshalb: Fenster schließen, Abwehrkräfte stärken, den Körper mit vollwertiger Ernährung und Vitalstoffen versorgen.

Der DJ – unser Herz: Es hat stundenlang aufgelegt, die Beats per Minute geliefert, uns durch die Nacht getragen – eine Nacht mit 42.195 Tanzschritten. Jetzt ist es müde, der Ruhepuls erhöht, die Herzfrequenzvariabilität erniedrigt. Manche Entzündungsmarker wie Troponin sind erhöht. Deshalb halten manche Experten Marathonlaufen für ungesund. Doch wer das SPIEGEL-Interview mit Jürgen Scharhag, Professor an der Uni Wien, gelesen hat, weiß: Gut trainierte Marathonläufer müssen keine langfristigen Schäden befürchten. Entscheidend ist gutes, langfristiges Training. Und weil Regeneration ebenso dazugehört wie Dauerlauf und Tempotraining, dauert es nach einem Marathon eben drei bis vier Wochen, bis der Partykeller wieder bereit ist. Nach der Party ist vor der Party.

Auf den Punkt gebracht:

Die Analogie vom Partykeller macht deutlich, wie viel in unserem Körper nach einem Marathon repariert werden muss. Wer Geduld und Achtsamkeit zeigt, gibt sich selbst die Chance, erholt und stark in das nächste Ziel zu starten. Denn ohne gründliches Aufräumen wird keine Party wirklich gut. Und im Training gilt: Nach der Party ist vor der Party.

Die konkreten Tipps und Handlungsempfehlungen, die sich aus dieser Situation ableiten lassen, habe im Artikel zur Podcast-Folge auf den Punkt gebracht. Lesen Sie hier weiter, um zu erfahren, wie Sie nach dem Marathon, mit Verstand und Trainingsplan, Muskeln, Herz und Immunsystem bei Ihrer Regeneration unterstützen.


Foto: Norbert Wilhelmi, aufgenommen beim Frankfurt Marathon, wo der fotografierte Zieleinlauf wirklich Party-Format hat.

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