Vom Frühstück bis zur Startlinie
So gelingt Ihre Wettkampfvorbereitung unmittelbar vor dem Rennen
Haben Sie sich schon einmal gefragt, welchen Einfluss Ihre unmittelbare Wettkampfvorbereitung auf Ihre Leistung hat? Eine optimale Mahlzeit, eine entspannte Anreise, ein effektives Einlaufprogramm, die Mobilisation Ihres gesamten Körpers und die mentale Einstimmung auf das bevorstehende Rennen – all dies kann den Unterschied zwischen Erfolg und Enttäuschung ausmachen, und das bei jeder Distanz, beim Marathon, Halbmarathon, 10-Kilometer- und natürlich auch 5-Kilometerrennen. Ich schätze 5 Prozent Auswirkungen auf die Zielzeit. Zur Verdeutlichung: bei einem 40-Minuten-Läufer sind 5 Prozent 2 Minuten, die er oder sie bei ungenügender Rennvorbereitung auf ihre mögliche Zielzeit verlieren könnte.
Für viele Breitensportler ist die Selbstorganisation am Wettkampftag eine Herausforderung. Im Gegensatz zu Elitesportlern haben sie kein Athletenmanagement, das sie am Wettkampftag umsorgt und zwischen Athletenhotel und Start-/Ziellinie hin- und hertransportiert. Doch diejenigen, die diese Verantwortung gewissenhaft selbst übernehmen und sich optimal vorbereiten, können auf der Jagd nach persönlichen Bestleistungen und Platzierungen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erlangen.
In diesem Beitrag teile ich mit Ihnen mein 7-Punkte-'Start me up'-Programm für eine erfolgreiche Rennvorbereitung. Sie können dieses Programm vor jedem Rennen durchführen, unabhängig von der Distanz, von 5 Kilometern bis zum Marathon. Lesen Sie, wie Sie Ihre Vorbereitung optimieren können und künftig noch besser vorbereitet und fokussierter an die nächste Startlinie treten.
'Start me up' – Das 7-Punkte-Programm als Rahmen für Ihre Einlauf-Routine
1. Ernährung und Hydration – 2 bis 3 Stunden vor dem Start
Beginnen Sie Ihre Vorbereitung mit einer ausgewogenen Mahlzeit, die reich an Kohlenhydraten, moderat an Proteinen und fettarm ist. Vergessen Sie nicht, ausreichend Wasser zu trinken, um hydratisiert zu bleiben, aber vermeiden Sie große Mengen kurz vor dem Start, um Magenbeschwerden zu vermeiden. Auch beim Kaffee- und Milchkonsum sollten Sie vorsichtig sein. Vermeiden Sie Experimente und greifen Sie bewusst zu Lebensmitteln, die Sie zum Frühstück gewohnt sind. Idealerweise haben Sie Ihr persönliches Wettkampffrühstück bereits einige Male vor intensiven Trainingseinheiten getestet und wissen, was Ihnen guttut.
Ich esse vor einem Wettkampf mein gewohntes Frühstück, bestehend aus einem Obstsalat (200 bis 300 Gramm), einer Handvoll Nüssen und zwei Esslöffeln Haferflocken. Durch die Kombination von Obst, Nüssen und Haferflocken erhalte ich eine ausgewogene Mischung an Kohlenhydraten, Proteinen und Ballaststoffen. Das langsame und achtsame Kauen ermöglicht eine leichte Aufnahme der Nährstoffe und sorgt für einen stabilen Blutzuckerspiegel während des Wettkampfs.
Ein Beispiel für ein Frühstück, das den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lässt und dann zu einem erneuten Bedarf an Energie führen kann, ist einfaches Weißbrot mit Marmelade. Diese Mahlzeit enthält viele einfache Kohlenhydrate, die schnell verdaut werden und den Blutzuckerspiegel schnell erhöhen. Jedoch kann dieser Anstieg genauso schnell wieder abfallen, was zu einem erneuten Bedarf an Energie während des Wettkampfs führen kann.
Bitte beachten Sie jedoch, dass diese Ernährungsgewohnheiten meine persönliche Wahl sind und ich daran gewöhnt bin. Es ist wichtig, individuelle Bedürfnisse und Gewohnheiten zu berücksichtigen, um die optimale Wettkampfernährung zu finden.
2. Wettkampfkleidung anziehen – Abgabe der Kleiderbeutel – 45 Minuten vor dem Start
Die rechtzeitige Abgabe der Wechselkleidung erfordert eine sorgfältige Planung im Vorfeld. Eine gründliche Vorbereitung des Kleiderbeutels am Vorabend und eine entspannte Anreise zur Wettkampfstätte sind unerlässlich. In der Regel trage ich bereits auf dem Weg zum Wettkampf meine Wettkampfkleidung und darüber zusätzliche wärmende Kleidung. Im Kleiderbeutel befindet sich nicht nur die Kleidung für die Rückreise, sondern auch die Ernährung für eine ausgewogene Erstversorgung nach dem Rennen: Wasser, ein Apfel, Nüsse und gelegentlich ein Vollkornbrot mit Gurkenbelag sorgen für einen bestmöglichen Start in die Regeneration.
Wenn die Temperaturen es erfordern, ziehe ich über meine Wettkampfkleidung bei Abgabe des Kleiderbeutels ein altes T-Shirt an, das ich kurz vor dem Start beiseitelege. Oftmals werden diese Kleidungsstücke vom Veranstalter eingesammelt und gespendet. Etwa 45 Minuten vor dem Wettkampf beginnt so entspannt mein sportliches Vorbereitungsprogramm.
3. Einlaufen und Lockerung – noch 40 Minuten bis zum Start
Je kürzer der Wettkampf, umso länger das Einlaufprogramm – je höher die Außentemperaturen, umso kürzer das Einlaufen. Dies kann als grober Hinweis verstanden werden. Von mindestens 5 Minuten langem Einlaufen vor einem Marathon bis zu 30 Minuten vor einem 5-Kilometer-Rennen, kann alles richtig sein. Die Erfahrung zeigt: je besser die Athleten sind, umso gewissenhafter ist ihre Einlaufroutine.
Das Warmlaufen dient in erster Linie dazu, das Herzkreislaufsystem anzuregen, die Blutzirkulation zu verbessern, den Herzschlag zu erhöhen und die Körpertemperatur zu steigern. Dadurch werden die Muskeln auf die bevorstehende Aktivität vorbereitet, die Gelenke geschmiert und die Beweglichkeit verbessert.
Indem Sie Ihr eigenes vierteiliges Programm gestalten – die eigentliche Einlauf-Routine – und sich nicht von Mitläufern ablenken und animieren lassen, können Sie auch Ihren Geist fokussieren und Ihr Selbstbewusstsein stärken.
Beginnen Sie mit ausreichend Zeit für Lockerungsübungen (1), um Spannungen im Körper zu lösen. Eine beliebte Reihenfolge – bekannt aus unseren Laufseminaren in Deutschland und Laufcamps auf Mallorca – sind die Lockerungsübungen der Laufcampus-Methode, beginnend mit Schulterkreisen, Armkreisen, Oberkörperrotation, lockerem Traben auf der Stelle und Marschbewegungen mit den Beinen. Nehmen Sie sich dafür etwa 5 Minuten Zeit, bevor Sie mit dem eigentlichen Ein- oder Warmlaufen (Warm-up) beginnen.
Sie werden erleben, dass das nun folgende Warmlaufen (2) über 5 bis 10 Minuten deutlich lockerer verläuft, wenn Sie zuvor die oben beschriebenen Lockerungsübungen durchgeführt haben und den Bewegungsapparat auf Betriebstemperatur bringt. Für Breitensportler, insbesondere bei Marathons, empfehle ich, mindestens 5 Minuten oder etwa 1 Kilometer einzulaufen, um optimal vorbereitet zu sein.
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4. Intensive Mobilisation und Lauf-ABC – noch 25 Minuten bis zum Start
Während Anfänger möglicherweise glauben, bereits genug getan zu haben, beginnen fortgeschrittene Hobbyläufer jetzt mit dem besonderen Finale ihrer Einlaufroutine. Es folgen intensive Mobilisationsübungen und eine kleine Auswahl an Lauf-ABC-Routinen.
Mobilisationsübungen (3) wie Beckenkreisen, Fußgelenkkreisen, Ausfallschritte nach vorne und zur Seite sowie bekannte Yoga-Routinen wie der Sonnengruß sind hier angebracht. Ziel ist es, den Körper weiter zu mobilisieren und Gelenke sowie Muskeln optimal auf die laufspezifischen Bewegungen vorzubereiten. Dieser Teil der Routine sollte etwa 5 Minuten dauern.
Den Abschluss Ihrer vierteiligen Einlaufroutine bildet eine Auswahl an Lauf-ABC-Übungen (4). Auch hier sollte man etwa 5 bis 10 Minuten einplanen, inklusive Geh- oder Trabpausen zwischen den einzelnen Übungen. Vermeiden Sie kraftraubende Übungen wie Sprungläufe oder Hopserlauf und bevorzugen Sie stattdessen Skippings, Anfersen, Wechselschritte und einige Steigerungsläufe.
Zusammenfassend kann ihre Einlauf-Routine wie folgt aussehen: 1. Lockerungsübungen, 2. Warmlaufen, 3. Intensive Mobilisation, 4. Lauf-ABC mit Steigerungsläufen zum Abschluss.
5. Eingruppierung in den Startbereich – noch 10 Minuten bis zum Start
Finden Sie Ihren Platz im Startbereich entsprechend Ihrer geplanten Renngeschwindigkeit oder der zugeteilten Startwelle. Während Eliteläufer oft erst wenige Minuten vor dem geplanten Startschuss an der Startlinie erscheinen, ist es für uns Breitensportler wichtig, rechtzeitig unseren Platz im Startfeld zu finden. Insbesondere bei größeren Veranstaltungen kann es zu Gedränge und Hektik kommen, daher ist es vorteilhaft, sich frühzeitig einzugruppieren.
Oftmals erfolgt die Einteilung durch den Veranstalter gemäß den Anmeldedaten. Falls Sie sich selbst einschätzen müssen, kann ein Blick zurück helfen. Wenn Sie regelmäßig unter den ersten 30 bis 40 Prozent eines Teilnehmerfeldes in der Ergebnisliste stehen, können Sie auch Ihren Platz vor der Startlinie entsprechend abschätzen.
6. Mentale Vorbereitung – noch 8 Minuten bis zum Start
Falls Sie noch ein wärmendes T-Shirt über dem Wettkampf-Shirt tragen, ziehen Sie es jetzt aus. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, sich mental auf das Rennen einzustellen.
- Denken Sie an frühere sportliche Erfolge, die Sie stark gemacht haben.
- Reflektieren Sie die intensiven Trainingswochen und -monate, die Sie erfolgreich gemeistert haben. Machen Sie sich bewusst, wie viele Trainingstage und Kilometer Sie bis zu diesem Punkt geleistet haben.
- Erinnern Sie sich an Ihre Renntaktik, die Sie sich im Vorfeld überlegt haben, und vergewissern Sie sich ihrer Richtigkeit.
- Visualisieren Sie, wie Sie während des Rennens Ihre Getränke aufnehmen und einnehmen.
- Stellen Sie sich Ihren Zieleinlauf vor, wie Sie dynamisch dem Zielbogen entgegenlaufen und Ihre angestrebte Zeit punktgenau erreichen.
Solche Visualisierungstechniken werden Ihr Selbstvertrauen in diesem entscheidenden Moment weiter stärken. Sehr ausführlich habe ich diese mentale Vorbereitung für das Manager Magazin beschrieben, klicken Sie dazu auf den Artikel: Die entscheidenden Minuten für Ihren Erfolg.
Führen Sie diese mentalen Übungen durch, während Sie leicht auf der Stelle trippeln, um Ihre Körpertemperatur hochzuhalten, und Ihren Fokus ausrichten.
7. Kontrolle der Technik – Benetzen der Zunge – noch 2 Minuten bis zum Start
Wenn Sie dazu neigen, bei Anspannung einen trockenen Mund zu bekommen, kann Ihnen ein Liquid-Gel helfen, z. B. von unserem Partner Squeezy. Es ist am Start nicht erforderlich, das Gel vollständig zu konsumieren. Bereits das Benetzen der Zunge und der Mundschleimhaut hat einen sofortigen auch psychologischen Effekt.
Stellen Sie sicher, dass Ihre Sportuhr bereit ist. Besonders wenn Sie nicht in heimischem Gelände laufen, kann das Verbinden mit Satellitensignalen etwas länger dauern. Überprüfen Sie auch, ob Ihr Oberarmsensor für die Pulsmessung aktiviert ist, falls Sie einen verwenden. Die Anzeige Ihres Pulses erfordert momentan keine Aufmerksamkeit. Sollte er höher als üblich sein, signalisiert er lediglich Ihre Bereitschaft.
Noch 10, 9, 8 Sekunden… lächeln Sie, und los geht’s 💚
Wenn Sie nach dem Lesen dieser Tipps den Eindruck haben, dass über dieses 'Start me up'-Programm noch deutlich mehr Professionalität in Ihre unmittelbare Wettkampfvorbereitung kommen kann, ihre Leistung tatsächlich 3 bis 5 Prozent besser sein kann, als wenn Sie sich nicht nach diesem Konzept vorbereiten würde, so würde mich dies freuen. Und machen Sie sich keine Sorge um zu viel Anstrengung bereits vor dem eigentlichen Rennen. Üblicherweise kommen mit diesem Programm kaum mehr als 2 Kilometer (vor einem Marathon) bis 3 Kilometer (vor einem Halbmarathon) zusammen, sind die Renndistanzen kürzer und Ihre Ambitionen hoch, entsprechend mehr.
Wer weiß, vielleicht erkennen wir uns beim nächsten Rennen schon vor dem Start, wenn nicht an den grünen Wettkampf-Singlets des Team Laufcampus, dann aber sicher an den Wechselschritten, dem Sonnengruß oder am siegessicheren Lächeln kurz vor dem Startschuss.
Ihr Andreas Butz
2 Kommentare
Thomas Kleinsz
Lieber Andreas,
am Sonntag starten wir beim Berliner HM und freuen uns auf ein tollen Wettkampf. Nach über 520 Trainingskilometern in den letzten Wochen ist die Anspannung groß – da kamen Deine Tipps zum Start gerade richtig.
Danke auch für deine motivierenden und inspirierenden Podcasts, die wir immer gern verfolgen.
CU in Berlin, allen Startern einen guten Lauf,
Tom
Lieber Andreas,
am Sonntag starten wir beim Berliner HM und freuen uns auf ein tollen Wettkampf. Nach über 520 Trainingskilometern in den letzten Wochen ist die Anspannung groß – da kamen Deine Tipps zum Start gerade richtig.
Danke auch für deine motivierenden und inspirierenden Podcasts, die wir immer gern verfolgen.
CU in Berlin, allen Startern einen guten Lauf,
Tom
Nathalie Reichard
Lieber Andreas, ich möchte mich herzlich bei dir für deine fantastischen Tipps bedanken! Deine detaillierte Anleitung zur Rennvorbereitung ist einfach unschlagbar. Am Sonntag werde ich bei meinem Rennen an der Deutschen Weinstraße alles berücksichtigen, was ich von dir gelernt habe. Deine Expertise ist einfach unbezahlbar!Besonders möchte ich dir dafür danken, dass deine Stimme mich oft motiviert, trotz eines vollen Berufslebens und der Verantwortung für zwei kleine Kinder, laufen zu gehen. Deine Podcasts sind wie eine Energiequelle, die mir hilft, auch an harten Tagen durchzuhalten. Nochmals vielen Dank für deine unermüdliche Unterstützung und Inspiration! 🏃♂️💨 #Dankbarkeit #Laufcoach #DeutscheWeinstraße"
Lieber Andreas, ich möchte mich herzlich bei dir für deine fantastischen Tipps bedanken! Deine detaillierte Anleitung zur Rennvorbereitung ist einfach unschlagbar. Am Sonntag werde ich bei meinem Rennen an der Deutschen Weinstraße alles berücksichtigen, was ich von dir gelernt habe. Deine Expertise ist einfach unbezahlbar!Besonders möchte ich dir dafür danken, dass deine Stimme mich oft motiviert, trotz eines vollen Berufslebens und der Verantwortung für zwei kleine Kinder, laufen zu gehen. Deine Podcasts sind wie eine Energiequelle, die mir hilft, auch an harten Tagen durchzuhalten. Nochmals vielen Dank für deine unermüdliche Unterstützung und Inspiration! 🏃♂️💨 #Dankbarkeit #Laufcoach #DeutscheWeinstraße"