Wie Muskelfasern den Energiestoffwechsel beeinflussen
Lasst uns über unsere Muskulatur nachdenken, vor allem die Zusammensetzung unserer Muskelfasern. Denn diese beeinflussen unser Talent und unsere Leistungsfähigkeit beim Laufen. Als Laufsportler sind wir uns oft bewusst, dass wir uns ausgewogen ernähren müssen, um unsere Leistungen zu verbessern und Verletzungen vorzubeugen. Wir achten auf unsere Kohlenhydratzufuhr, den Anteil an Fetten und Proteine in unserer Ernährung und vergessen dabei oft, dass unser Energiestoffwechsel eine genauso wichtige Rolle spielt. Ich spreche von der Verstoffwechselung von Fetten und Kohlenhydraten zu Adenosintriphosphat (ATP). ATP ist die Energie, die uns für Bewegung zur Verfügung steht. Spannend hierbei ist zu berücksichtigen, dass wir zum einen deutlich mehr Fette als Glykogen zur Verfügung haben, und zum anderen aus einem Fett-Molekül die vierfache Menge (ATP) erzeugen können, im Vergleich zur Energiegewinnung aus Kohlenhydrat-Molekülen.
Haupttypen von Muskelfasern
Insbesondere die Art unserer Muskelfasern bestimmt, wie wir Energie bereitstellen und wie wir unsere Leistung steigern können. Es gibt zwei Haupttypen von Muskelfasern: die langsamen, oxidativen Typ-I-Fasern und die schnellen, glykolytischen Typ-II-Fasern. Jeder Typ hat seine eigenen Stärken und Schwächen und es ist wichtig zu wissen, wie man diese trainiert, um die Leistung zu verbessern.
- Typ-I-Fasern sind für längere, kontinuierliche Bewegungen wie Joggen und Radfahren verantwortlich, da sie eine höhere oxidative Kapazität und eine geringere glykolytische Kapazität aufweisen.
- Typ-II-Fasern sind für kurze, explosive Bewegungen verantwortlich, da sie eine geringere oxidative Kapazität und eine höhere glykolytische Kapazität aufweisen.
Während der Ausdauerbelastung nutzen Läufer hauptsächlich ihre Typ-I-Fasern. Um ihre Ausdauer zu verbessern, können Läufer ihre oxidative Kapazität erhöhen, indem sie längere Distanzen laufen und ihre langsamen Muskelfasern durch regelmäßige Ausdauertraining fordern. Es ist zudem wichtig, im Alltag eine vollwertige Ernährung mit ausreichend Kohlenhydraten und Proteinen zu sich zu nehmen, um die Energiespeicher des Körpers zu füllen und zu erneuern.
Rote und weiße Muskelfasern
Auch die Begriffe rot und weiß in Bezug auf die Museklfasern kennt man.
Die Typ-I-Fasern werden oft als "rote" Muskelfasern bezeichnet, weil sie eine hohe Dichte an Mitochondrien und Myoglobin verfügen. Myoglobin ist ein Protein, das in den Muskelzellen als Sauerstofflager fungiert, wodurch es den Zellen ermöglicht, sich länger und intensiver aktiv zu betätigen. Durch das Myoglobin und die hohe Kapitalisierung der Muskeln wirken die Fasern unter dem Mikroskop betrachtet rot. Dahingegen wirken die Typ-II-Fasern wie "weiße" Muskelfasern, weil sie im Vergleich weniger Myoglobin vorweisen und weniger mit den feinen Blutäderchen, den Kapillaren, durchzogen sind.
Optisch rot oder weiß, langsam oder schnell kontrahierend, Typ-I oder Typ-II genannt, all das sind nur Begriffe. Entscheidend für uns Läufer und den Energiestoffwechsel beim Laufen sind viel mehr die Eigenschaften rund um die Sauerstoffaufnahme (Oxidation) einerseits und die Glykogenverstoffwechselung (Glykolyse) andererseits.
Oxidative und Glykolytische Kapazität
Die oben erwähnte "Oxidative Kapazität" bezieht sich auf die Fähigkeit der Muskelfasern, beim Laufen Energie mithilfe von Sauerstoff zu produzieren. Eine höhere oxidative Kapazität bedeutet, dass die Fasern in der Lage sind, länger und kontinuierlicher Energie – aus Fetten – zu produzieren, was für lange Läufe erforderlich ist.
"Glykolytische Kapazität" bezieht sich auf die Fähigkeit der Muskelfasern, Energie ohne Sauerstoff zu produzieren. Eine höhere glykolytische Kapazität bedeutet, dass die Fasern schnell, aber kurzzeitig Energie produzieren können – aus Glykogen –, was für explosive Bewegungen wie Sprints entscheidend ist.
Den Anteil an Typ-I-Fasern können Ausdauersportler verändern. Wir erreichen dies durch lange und langsame Dauerläufe, eine Schlüsseleinheit aller guten Trainingspläne fürs Laufen. Dadurch werden die Typ-I-Fasern mehr gefördert, während die Typ-II-Fasern eher unterbelastet bleiben. Grundsätzlich gilt hier die Weisheit: Mehr hilft mehr. Mehr Ausdauertraining, vor allem mehr langsame Läufe machen, machen mehr fit. Es ist jedoch nicht möglich, den Anteil von Typ-I- zu Typ-II-Fasern vollständig zu ändern, da die Veranlagung zu einem bestimmten Anteil an Fasern eines bestimmten Typs genetisch festgelegt ist.
Typ-II-Fasern werden eher durch sogenanntes Hypertrophie-Training gestärkt, bei dem eine hohe Kraftbelastung bei wenigen Wiederholungen und kurzen Pausen angewendet wird. Ein klassisches Training für Sportler, die Muskelmasse aufbauen möchten.
Da "lang und langsam Laufen" sehr subjektiv ist, ist es mir als Lauftrainer immer wieder wichtig den Läuferinnen und Läufern zu empfehlen, lange Distanzen bei einem niedrigen Pulsbereich zu laufen. Wer Laufcampus und mich kennt, kennt auch mein Credo: "so lang und so niedrigpulsig wie möglich".
Lang, länger, niedrigpulsig
Mit langem und niedrigpulsigem Laufen kann, wie oben beschrieben, der Anteil Typ-I-Faser gemehrt und die oxidative Kapazität verbessert werden. Dies führt zu einem effektiveren Energiestoffwechsel, und damit zu mehr Ausdauer und mehr Geschwindigkeit auf längeren Distanzen. Das Ziel aller (angehenden) Marathonläufer.
Mein Name ist Andreas Butz, geb. 1965, über 180-facher aktiver Marathonläufer und mit meiner Laufcampus Akademie seit 2001 erfolgreich in der Laufszene als Lauftrainer und Dozent unterwegs. Mehr zum Thema und deine persönlichen Herzfrequenz- oder Puls-Trainingsbereiche erfährst du bei einer Leistungsdiagnostik mit Laktatmessung oder einem meiner Laufseminare oder speziellen Marathonseminare.